Urteil Schallschutzvorkehrungen Wohn- und Schlafräume Hauseingangsbereich Wohnküche 52-501-2018-07: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 12. August 2019, 18:02 Uhr

Leitsatz

Aktenzeichen:

OVG 6 A 3.17

Oberverwaltungsgericht

Berlin-Brandenburg

6. Senat
Datum: 03. Juli 2018
Quelle © juris GmbH

Schallschutzvorkehrungen für kombiniert genutzte Wohn- und Schlafräume, für Wohnraum mit Hauseingangsbereich und Wohnküche

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz auch für die kombiniert genutzten Wohn- und Schlafzimmer im 1. Obergeschoss sowie die Wohnküche und das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss des Wohngebäudes P...vorzusehen und dem Kläger die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks P... in 1..., das in dem für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebiet liegt. Das Grundstück ist mit einem im Jahr 1955 errichteten, zweigeschossigen Einfamilienhaus bebaut.

Der Kläger beantragte am 13. Februar 2008 Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses. Das auf der Grundlage einer Schalltechnischen Objektbeurteilung (Anspruchsermittlung - ASE -) vom 20. August 2015 erstellte Kostenerstattungsangebot (Leistungsverzeichnis) der Beklagten vom 18. Dezember 2015 sieht Schallschutzmaßnahmen nur für das große Wohnzimmer in Höhe von 35.179,80 EUR vor. Die Beklagte teilte mit, dass alle weiteren zu Wohnzwecken genutzten Räume die Anforderungen an die lichte Raumhöhe nicht erfüllten und diese daher nicht als Aufenthaltsräume zu bewerten seien. Die Küche sei als reine Koch- oder Essküche nicht anspruchsberechtigt. Der Kläger war mit dieser Ausgleichsmaßnahme nicht einverstanden und lehnte den ihm angebotenen Abschluss einer Kostenerstattungsvereinbarung ab.

Zur Begründung seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm ein Anspruch auf Schallschutz auch für die kombiniert genutzten Wohn- und Schlafräume im Obergeschoss, das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss und die Wohnküche zustehe. Die geringe Raumhöhe der Wohn- und Schlafräume im 1. Obergeschoss stehe der Anspruchsberechtigung nicht entgegen. Die Feststellung der Baurechtskonformität durch das Bezirksamts Treptow-Köpenick von Berlin als zuständige Bauaufsichtsbehörde im Schreiben vom 7. Juni 2016 beziehe sich auch auf die Räume im 1. Obergeschoss, das zugleich das Dachgeschoss des Gebäudes bilde. Der dem Voreigentümer erteilte Bauschein vom 1. August 1945 habe ausdrücklich die beiden Räume mit einer Raumhöhe von 2,20 m vorgesehen. Damit sei ausgehend vom Rohbaumaß die erforderliche Raumhöhe erreicht. Die Unterschreitung der Raumhöhe um 5 bzw. 6 cm sei allein auf den nachträglich eingebauten Fußbodenaufbau und das Parkett zurückzuführen. Derartige Einbauten würden den Baurechtszustand nicht verändern. Im Übrigen gelte hier Bestandsschutz nach Maßgabe der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984. Das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss sei mit Schränken, Kommoden und Sitzgelegenheiten ausgestattet und werde dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt. Es sei zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt und daher bauordnungsrechtlich ein Aufenthaltsraum. Die Baugenehmigung aus dem Jahr 1945 erstrecke sich auch auf dieses Zimmer. Zwar liege für die Erweiterung der Veranda in ein kleines Wohnzimmer keine schriftliche Genehmigung im Bauamt vor. Er habe jedoch mit Schreiben vom 23. April 1963 bei der damals zuständigen Behörde eine Bauanzeige eingereicht. Die Baufreigabe sei der damaligen Praxis entsprechend mündlich erteilt worden. Nach dem Schreiben der Bauaufsichtsbehörde vom 7. Juni 2016 sei für das Wohngebäude eine Baugenehmigung vorhanden und die Wohnnutzung bestandsgeschützt. Der Wohnraumqualität stehe auch nicht die Raumhöhe von 2,38 m entgegen. Der nach der Wende eingefügte Fußbodenaufbau des Wohnzimmers betrage insgesamt mindestens 6,5 cm, habe keine tragende Funktion und lasse sich jederzeit beseitigen. Er habe daher keinen Einfluss auf die Bestimmung der lichten Raumhöhe. Im Übrigen bestehe auch hier Bestandsschutz. Die Wohnraumqualität sei nicht durch die Erschließungsfunktion des Raumes ausgeschlossen. Auch nach dem Leitfaden der Beklagten zur Anspruchsberechtigung von Veranden habe die Erschließungsfunktion hier nur eine untergeordnete Bedeutung. Bei der Küche, deren Grundfläche 8,8 m² betrage, handele es sich um eine Wohnküche und damit um einen im Sinne der Schutzauflage anspruchsberechtigten Raum. Der Begriff der Wohnküche sei im Zusammenhang mit Fragen des Lärmschutzes danach zu bestimmen, ob die Küche neben der Zubereitung von Mahlzeiten auch dem sonstigen Aufenthalt von Menschen diene. Hierfür genüge das Vorhandensein einer Sitzgelegenheit. Eine Mindestquadratmeterzahl sei nicht erforderlich. Es müsse im Einzelfall anhand der tatsächlichen Nutzung entschieden werden. Die Küche verfüge neben der Einbauküche über einen Esstisch und Sitzgelegenheiten für zwei Personen. Sie werde nicht nur zur Einnahme aller Mahlzeiten, sondern auch für andere Beschäftigungen sowie für gemütliches Beisammensein genutzt. Auch den Vollzugshinweisen der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg vom 14. September 2017 sei zu entnehmen, dass Wohnküchen zu den vom Schutzanspruch erfassten Räumen zählten und es auf eine Mindestgröße nicht ankomme.

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz auch für die kombiniert genutzten Wohn- und Schlafzimmer im 1. Obergeschoss sowie das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss im Wohngebäude P... vorzusehen und dem Kläger die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen,
  2. die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz auch für die Wohnküche im Wohngebäude P... vorzusehen und dem Kläger die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die beiden Wohn- und Schlafräume im 1. Obergeschoss verfügten nicht über das nach den Bauordnungen für Dachgeschossräume erforderliche Mindestmaß der lichten Raumhöhe von 2,20 m. Auf den zu dem Bauschein von 1945 vorgelegten Baugenehmigungszeichnungen lasse sich die behauptete Raumhöhe von 2,20 m nicht erkennen. Die Bauzeichnung von 1963 passe nicht zu dem Vortrag des Klägers, da dort das Obergeschoss lediglich einen Raum mit einer lichten Raumhöhe von 2,30 m darstelle. Die Aussagekraft des Schreibens des Bezirksamts Treptow-Köpenick vom 7. Juni 2017 beschränke sich allenfalls auf das Vorliegen des Bauscheins aus dem Jahr 1945. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz nach der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke berufen. Die Veranda im Erdgeschoss sei nicht als Wohnraum im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses einzuordnen. Auf die subjektive Bestimmung eines Raumes als Wohn- oder Aufenthaltsraum komme es nicht an. Die Mindestanforderung der Deutschen Bauordnung der DDR 1958 an die lichte Raumhöhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume sei nicht erfüllt. Die lichte Raumhöhe der Veranda betrage 2,38 m. Der Fußbodenaufbau von ca. 6,5 cm habe außer Betracht zu bleiben, da bauordnungsrechtlich das Mindestmaß zwischen der Bodenoberkante bzw. der Oberkante des fertigen Bodens und der Deckenunterkante maßgeblich sei. Die Nutzung der Veranda als Wohn- bzw. Aufenthaltsraum sei auch nicht genehmigt worden. Das Schreiben des Bezirksamts Treptow-Köpenick vom 7. Juni 2017 sei rein informatorisch und beziehe sich nicht auf die Veranda. Die Behauptung des Klägers, er habe für die Veranda eine mündliche Baufreigabe erhalten, sei nicht nachvollziehbar. Das Fehlen eines die Genehmigung belegenden Dokuments gehe zu Lasten des Klägers. Der Bauanzeige von 1963 lasse sich im Übrigen nicht entnehmen, ob für die Veranda eine Nutzung als Wohn- bzw. Aufenthaltsraum vorgesehen gewesen und ob diese genehmigt worden sei. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz berufen. Im Übrigen habe die Veranda überwiegend Erschließungsfunktion. Nach der von ihr vorgelegten Arbeitshilfe zur individuellen Prüfung von Wohn- und Erschließungsfunktionen von Veranden (Anspruchsleitfaden vom 8. Dezember 2014) erfordere die Erschließungsfunktion von Hauseingängen für gewöhnlich einen etwa 1,20 m breiten Durchgang. Von einer überwiegenden Erschließungsfunktion sei auszugehen, wenn die Durchgangsfläche die übrige Fläche der Veranda überwiege. Das sei vorliegend der Fall, da die ca. 13 m² große Veranda einen vergleichsweise großen Durchgangsbereich aufweise und sich die Wohnfunktion in einer Sitzecke erschöpfe, die den Eingang in das Gebäude räumlich teilweise einschränke. Gewöhnliche Küchen zählten nach dem Planfeststellungsbeschluss nicht zu den im Tagschutzgebiet schutzbedürftigen Räumen. Es handele sich um laute Räume, die selbst Geräusche durch Wasser- und Abwasserleitungen oder andere Geräte verursachten und daher nicht über die den Wohnräumen immanente Kommunikationsfunktion verfügten. Die Küche des Klägers erfülle keine Wohnraumfunktion, die über die Zubereitung und gegebenenfalls auch den Verzehr von Speisen hinausreiche. Dies folge bereits aus der geringen Grundfläche der Küche, die gerade noch die bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen erfülle. Eine Wohnküche liege nur dann vor, wenn sie neben der Zubereitung von Speisen mindestens gleichermaßen dem sonstigen Aufenthalt der Bewohner diene. Dies setze voraus, dass die Grundfläche über die Mindestanforderungen des Bauordnungsrechts für gewöhnliche Küchen hinausgehe. Wohnräume mit einer Grundfläche von 8 m² könnten nur ausnahmsweise Wohnraum im Sinne der Schutzauflage des Planfeststellungsbeschlusses sein, wenn sie ausschließlich dem Wohnen dienten. Für Wohnküchen habe diese Mindestgröße keine Aussagekraft. Es bedürfte vielmehr einer ungleich größeren Grundfläche, um die Wohnfunktion erfüllen zu können, da ansonsten kaum Bewegungsspielraum verbleibe. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin liege das Wohnwertmerkmal „Wohnküche“ ab einer Grundfläche von 14 m² vor. Eine Wohnküche sei auch nicht allein deshalb anzunehmen, weil in der Küche eine Sitzgelegenheit vorhanden sei. Die Vollzugshinweise der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg vom 14. September 2017 bestätigten, dass Küchen nur dann anspruchsberechtigt seien, wenn sie auch einer Wohnnutzung dienten. Dass nach den Vollzugshinweisen die Anspruchsberechtigung von Küchen nicht allein anhand einer abstrakt festgelegten Mindestgröße bestimmt werden dürfe, bedeute nicht, dass der Raumgröße keine Bedeutung zukomme. Die Raumgröße werde daher als erstes von insgesamt vier ausdrücklich angeführten Kriterien genannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die beigezogenen Unterlagen der Beklagten zum Schallschutzantrag des Klägers verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.


Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Kläger ist insbesondere klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die planfestgestellten Lärmschutzauflagen begründen einen Anspruch des betroffenen Eigentümers gegenüber der Vorhabenträgerin. Diese wird durch die Schutzauflagen verpflichtet, die angeordneten Schutzmaßnahmen zu erfüllen, indem sie die Schallschutzeinrichtungen selbst einbauen lässt oder dem Betroffenen auf Nachweis die Aufwendungen für den Einbau der erforderlichen Schutzeinrichtungen erstattet (vgl. Teil A II 5.1.7 Nr. 1, S. 108 des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 - PFB - in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 - PEB). Der Kläger möchte im vorliegenden Verfahren geklärt wissen, ob für einzelne Räume seines Wohnhauses ein Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen besteht. Hierzu begehrt er eine neue Anspruchsermittlung unter Einbeziehung des kleinen Wohnzimmers im Erdgeschoss (Veranda), der kombinierten Wohn- und Schlafräume im Obergeschoss und der Wohnküche.

2. Dem Kläger steht auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite, da im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits eine Entscheidung der Beklagten über seinen Antrag auf Kostenerstattung in Gestalt einer Anspruchsermittlung und einem darauf basierenden Kostenerstattungsangebot vorgelegen hat.

II. Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schallschutzmaßnahmen für die kombinierten Wohn- und Schlafzimmer im Obergeschoss (1.), das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss (2.) und die Küche (3.).

Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen ergibt sich aus den planfestgestellten Lärmschutzauflagen. Nach der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Die Vorrichtungen haben am Tag zu gewährleisten, dass durch die An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten. Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen.

Zur Gewährleistung des Nachtschutzes sieht der Planergänzungsbeschluss in Teil A II Ziffer 5.1.3 PEB (S. 19) vor, dass für Schlafräume einschließlich der Übernachtungsräume in Beherbergungsstätten in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen sind. Die Vorrichtungen haben zu gewährleisten, dass durch An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern und ausreichender Belüftung in der Durchschnittsnacht der sechs verkehrsreichsten Monate nicht mehr als sechs A-bewertete Maximalpegel über 55 dB(A) auftreten und ein für die Nachtstunden (22:00 bis 06:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelter energieäquivalenter Dauerschallpegel von 35 dB(A) nicht überschritten wird. Innerhalb des Nachtschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen einschließlich geeigneter Belüftung an den Räumen Sorge zu tragen. Die Schutzauflagen geben demnach das Schutzniveau vor, das der Einhaltung der Schutzziele – dem Kommunikationsschutz am Tag und der Nachtruhe in der Nacht – dient.

1. Bei den kombinierten Wohn- und Schlafräumen im Ober- bzw. Dachgeschoss des klägerischen Wohngebäudes handelt es sich um schützenswerte Wohn- bzw. Schlafräume im Sinne der Schallschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (Tagschutz) und in Teil A II Ziffer 5.1.3 PEB (Nachtschutz).

a) Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zählen zu den Wohnräumen alle Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und die am 15.05.2000 in bereits errichteten Gebäuden liegen oder auf zu diesem Zeitpunkt bebaubaren Grundstücken in Gebäuden errichtet werden. Der genannte Stichtag 15.05.2000 wurde im Hinblick auf das Datum des Beginns der ersten Auslegung der Planfeststellungsunterlagen festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt konnte jeder Betroffene die Auswirkungen des Vorhabens erkennen (Teil C Ziffer 10.1.8.3.1 PFB S. 655 f.).

Die beiden Wohn- und Schlafräume dienen nach ihrer tatsächlichen Nutzung unstreitig dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen und liegen in einem bereits im Jahr 1955 errichteten und in den 1960er Jahren ausgebauten Wohnhaus.

b) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass den in Rede stehenden Räumen die objektive Eignung für einen Aufenthaltsraum fehle, da die im Zeitpunkt des Ausbaus des Dachgeschosses bauordnungsrechtlich vorgesehene lichte Raumhöhe von 2,20 m nicht eingehalten werde.

aa) Nach Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB (S. 109) entfällt die Verpflichtung zur Erfüllung der Lärmschutzauflagen, soweit das betroffene Gebäude zum Abriss bestimmt ist oder nur vorübergehend für die entsprechenden Zwecke genutzt wird oder das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist.

Ob ein Gebäude rechtmäßig errichtet ist, richtet sich zunächst nach dem Inhalt der Baugenehmigung bzw. den dieser zugrunde liegenden Angaben in den Bauvorlagen. Dem entspricht die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zum Tagschutz, wonach bei Gebäuden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung und auch materiell baurechtswidrig errichtet wurden oder genutzt werden, kein Anspruch auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen oder Kostenerstattung besteht (Teil C Ziffer 10.1.8.3.1 PFB S. 656). Soweit die Schutzauflagen ihrem jeweiligen Schutzzweck entsprechend (tags: Kommunikationsschutz, nachts: Nachtruhe) auf einzelne Räume bezogen sind, die in der Nebenbestimmung der Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB enthaltene Regelung jedoch auf das gesamte Gebäude abstellt, dürfte dies dem Umstand geschuldet sein, dass eine Baugenehmigung in der Regel für das gesamte Gebäude erteilt wird. Die Regelung in Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB nimmt damit nicht nur Schwarzbauten insgesamt, sondern auch im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben errichtete und nicht genehmigte bzw. nicht genehmigungsfähige Räume aus der Verpflichtung der Vorhabenträgerin zur schalltechnischen Ertüchtigung aus.

bb) Die Errichtung der hier in Rede stehenden Wohnräume mit einer lichten Raumhöhe von 2,20 m ist im Jahr 1945 genehmigt worden (1). Dies entspricht unstreitig dem im Zeitpunkt der Errichtung und des Ausbaus des Gebäudes für Dachgeschossräume bauordnungsrechtlich vorgegebenen Mindestmaß der lichten Raumhöhe (2).

(1) Dem von dem Kläger vorgelegten Bauschein Nr. 48 des Ortsbauamts B... vom 1. August 1945 lässt sich entnehmen, dass dem Voreigentümer des Grundstücks die Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses gemäß der beiliegenden, mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Zeichnung erteilt worden ist. Die in Bezug genommene Zeichnung enthält neben den Außenansichten des Wohnhauses Grundrisse des Kellergeschosses, des Erdgeschosses und des Dachgeschosses (hier: Obergeschoss). Der Grundriss des Obergeschosses zeigt ein großes Zimmer, ein kleines Zimmer und den Flurbereich, in den die Treppe aus dem Erdgeschoss mündet. Die Eintragungen in blauer Farbe stellen die genehmigten Abweichungen von der ursprünglichen Zeichnung dar. Dies ergibt sich aus dem Protokoll über die Rohbauabnahme vom 4. Mai 1955, in dem unter dem Punkt „Übereinstimmung mit dem genehmigten Bauplan“ vermerkt ist: „Abweichungen im Grundriss und in der Ansicht siehe Eintragungen in blau“. Im Bereich des Obergeschosses betrifft dies – soweit erkennbar – die Verlegung der Treppe von dem mittleren in den linken Bereich, so dass ein kleineres zweites Zimmer geschaffen werden konnte. Dies zugrunde gelegt sind im Obergeschoss zwei Wohnräume genehmigt worden. In dem auf der Bauzeichnung dargestellten Schnitt des Gebäudes sind die Raumhöhen der Geschosse angegeben; sie sind allerdings nur schwer entzifferbar. Der Senat teilt die Auffassung des Bezirksamts Treptow-Köpenick von Berlin - Abteilung Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt -, wonach aus der Bauzeichnung hervorgeht, dass die Zimmer im Dachgeschoss eine Raumhöhe von 2,20 m haben (vgl. Schreiben des Bezirksamts vom 7. Juni 2016). Dem ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegen getreten. Die von dem Kläger in der Bauzeichnung aus dem Jahr 1963 angegebene Höhe von 2,30 m hingegen entsprach ersichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten bzw. Ausbauplänen, da der Kläger im Zuge der Ausbauarbeiten die Größe und den Zuschnitt der Räume nicht verändert haben dürfte. Anderenfalls läge die lichte Raumhöhe heute nicht unter 2,20 m. Die Unterschreitung der lichten Raumhöhe von 2,20 m um 5 bzw. 6 cm ist allein auf einen Fußbodenaufbau zur Parkettverlegung zurückzuführen, den der Kläger nach der Wende vorgenommen haben will. Die Fußbodenoberfläche des Rohbaus habe lediglich aus abgezogenem Rohbeton bestanden.

(2) Die lichte Raumhöhe von 2,20 m entspricht den Mindestanforderungen der – auch aus Sicht der Beklagten heranzuziehenden – Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 für Aufenthaltsräume in Dachgeschossen (§ 366 Abs. 2). Die geforderten Mindestflächen eines Aufenthaltsraumes im Dachgeschoss mussten wenigstens zur Hälfte die geforderte Mindesthöhe aufweisen, die senkrechte Wandhöhe musste an den Dachschrägen mindestens 1,2 m im Lichten betragen (§ 366 Abs. 3 DBO). Da die hier in Rede stehenden Räume Wohnräume im Sinne der Gruppe 1 nach § 366 Abs. 1 DBO sind (vgl. Begriffsbestimmungen zum 40. Abschnitt Nr. 2 a DBO S. 155), unterlagen sie hinsichtlich einer Mindestfläche keinen Anforderungen (vgl. § 366 Abs. 1 DBO). Die Vorgaben des § 366 Abs. 3 DBO waren daher entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu beachten.

cc) Soweit der nachträglich eingefügte Fußbodenaufbau zu einer Unterschreitung der lichten Raumhöhe von 2,20 m führt, steht dies der Anspruchsberechtigung der beiden Räume nicht entgegen. Nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Bezirksstadtrats für Bauen, Stadtentwicklung und öffentliche Ordnung H... in der mündlichen Verhandlung beeinträchtigt der Fußbodenaufbau weder die Statik des Gebäudes noch ist er irreversibel. Die ursprünglich genehmigte und bei der Errichtung des Gebäudes eingehaltene lichte Raumhöhe von 2,20 m ist durch den Fußbodenaufbau somit nicht dauerhaft beseitigt worden. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde, die bei dem Kläger zwei Vorortkontrollen vorgenommen hat, sieht keinen Anlass zu einem bauordnungsrechtlichen Einschreiten etwa in Form einer Rückbauverfügung. Über diesen Befund kann die Beklagte sich nicht hinwegsetzen, indem sie die Gewährung von Schallschutz für die beiden Wohn- und Schlafräume davon abhängig macht, dass zunächst der Fußbodenaufbau beseitigt und dadurch die ursprüngliche Raumhöhe von 2,20 m wieder hergestellt wird. Maßgeblich ist, dass das Gebäude einschließlich der in Rede stehenden Wohnräume legal errichtet worden ist, es sich somit nicht um einen Schwarzbau handelt. Es ist allein Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, ob eine Unterschreitung der genehmigten Raumhöhe durch nachträgliche Einbauten Anlass zu einem ordnungsbehördlichen Einschreiten bietet. Auf die Anspruchsberechtigung der Wohn- und Schlafräume nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen hat dies keinen Einfluss.

dd) Nach allem kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich mit Erfolg auf „Bestandsschutz“ nach der Verordnung über die Verantwortung der Räte der Gemeinden, Stadtbezirke und Städte bei der Errichtung und Veränderung von Bauwerken durch die Bevölkerung – Verordnung über Bevölkerungsbauwerke – vom 8. November 1984 (Gesetzblatt der DDR vom 19. Dezember 1984 Teil I S. 433) berufen kann, nicht mehr an.

2. Bei dem kleinen Wohnzimmer im Erdgeschoss (Veranda) handelt es sich um einen schützenwerten Wohnraum im Sinne der Schallschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB.

a) Die Beklagte kann die Gewährung von Schallschutz für das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Raum nicht die objektive Eignung für einen Aufenthaltsraum besitze, da die lichte Raumhöhe von 2,40 m nicht eingehalten werde.

aa) Die zwischen den Verfahrensbeteiligten umstrittene Frage, ob für die Veranda bzw. das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss eine Baugenehmigung vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, da der in Rede stehende Raum, selbst wenn er ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sein sollte, jedenfalls nicht baurechtswidrig errichtet worden ist. Der Senat, der nicht erkennen kann, dass mit dem Bauschein Nr. 48 aus dem Jahr 1945 die Errichtung der Veranda in ihrer heutigen Gestalt genehmigt worden ist, braucht sich daher mit dem Vortrag des Klägers, dass ihm der Rat des Stadtbezirkes Treptow auf seinen im Jahr 1963 gestellten Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Ausbau des Wohnhauses mündlich eine Baugenehmigung erteilt habe, die auch den Wiederaufbau der einsturzgefährdeten Veranda umfasse, nicht zu befassen.

bb) Die Frage, ob ein Gebäude rechtmäßig errichtet worden ist, beurteilt sich regelmäßig nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung. Liegt – was hier offen bleiben kann – keine Baugenehmigung vor, ist nach der zutreffenden Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 656) zunächst zu prüfen, ob das Gebäude materiell baurechtswidrig errichtet wurde. Auch dies kann nur anhand der im Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerks geltenden Bauordnung geprüft werden.

Hiervon ausgehend ist das kleine Wohnzimmer im Erdgeschoss in den 1960er Jahren im Einklang mit der damals geltenden Deutschen Bauordnung (DBO) errichtet bzw. ausgebaut worden. Nach § 366 Abs. 1 DBO ist für Wohnräume eine lichte Raumhöhe von 2,40 m vorgesehen. Diese ist ausgehend von dem Betonfußboden, der nach dem Vortrag des Klägers im Zeitpunkt des von ihm vorgenommenen Ausbaus in den 1960er Jahren bereits vorhandenen gewesen ist, bis zur Decke unstreitig eingehalten worden. Die Unterschreitung des Mindestmaßes der Raumhöhe um 2 cm ist erst durch den nachträglich eingefügten Fußbodenaufbau aus Dachlatten, einer Dielung und Linoleum entstanden, den der Kläger nach der Wende eingefügt haben will, um eine durchgehende Ebene zu den übrigen Innenräumen des Wohnraumes herzustellen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass die lichte Raumhöhe nicht das Mindestmaß des Rohbaus, sondern das Mindestmaß zwischen der Oberkante des fertigen Fußbodens und der Deckenunterkante bezeichne, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, da der nachträglich eingefügte Fußbodenaufbau jederzeit beseitigt werden könnte, ohne die Statik des Gebäudes zu beeinträchtigen. Die im Zeitpunkt der Errichtung bzw. des Ausbaus der Veranda vorhandene lichte Raumhöhe von über 2,40 m ist durch den Fußbodenaufbau nicht dauerhaft beseitigt worden. Auch die Bauaufsichtsbehörde sieht daher keinen Anlass zu einem bauordnungsrechtlichen Einschreiten.

Die Frage, ob der Kläger sich mit Erfolg auf Bestandsschutz nach § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke kann, ist nach allem auch hier nicht entscheidungserheblich.

b) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass der in Rede stehende Raum nicht schutzbedürftig sei, da er als Hauseingangsbereich überwiegend der Erschließung des Wohnhauses diene.

aa) Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass ein Raum mit der Funktion eines Hauseingangsbereichs nach der für den Tagschutz maßgeblichen Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB nur dann anspruchsberechtigt sein kann, wenn dieser daneben auch die Funktion eines Wohnraums erfüllt. Allein in diesem Fall ist es erforderlich, den im Tagschutzgebiet vorgesehenen Kommunikationsschutz zu gewährleisten. Ob neben der Erschließungsfunktion eine nennenswerte Wohnnutzung anzunehmen ist, ist im Einzelfall anhand objektivierbarer Kriterien zu bestimmen. Nach dem von der Beklagten erstellten Anspruchsleitfaden vom 8. Dezember 2014 sind Veranden nicht anspruchsberechtigt, wenn sie als Hauseingang oder Windfang eine übergeordnete oder alleinige Erschließungsfunktion haben. Hierzu sei festzustellen, welcher Weg von dem Verandaeingang bis zum Hauseingang zurückzulegen sei und welcher Flächenanteil der Veranda davon unberührt als Wohnfläche nutzbar sei. Für die Erschließungsfunktion setzt die Beklagte eine Fläche mit einer Breite von 1,20 m an. Eine Anspruchsberechtigung soll vorliegen, wenn der als Wohnfläche nutzbare Bereich mindestens 50 % der gesamten Fläche der Veranda ausmacht.

Nach diesen Vorgaben beträgt im vorliegenden Fall der für die Erschließung benötigte Raum ca. 5 m²; für die Nutzung als Wohnraum verbleiben ca. 9 m². Der für Wohnzwecke zur Verfügung stehende Raum umfasst damit deutlich mehr als 50 % der gesamten Fläche, die ca. 14 m² beträgt. Entscheidend ist allerdings, dass der nicht für die Erschließung benötigte Raum objektiv nicht ungeeignet ist für eine Nutzung zu Wohnzwecken. Der für die Wohnnutzung verbleibende L-förmige Bereich bietet – wie die gegenwärtige Nutzung zeigt – ausreichende Möglichkeiten für eine sinnvolle Wohnnutzung. Soweit die Beklagte hiergegen geltend macht, dass die im hinteren Bereich der Veranda aufgestellten Korbsessel in den Bereich hineinragten, der für die Erschließung des Wohnhauses freizuhalten sei, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Es kommt nicht auf die konkrete Möblierung des in Rede stehenden Raumes, die variabel ist, sondern darauf an, ob die verbleibende Fläche nach allgemeiner Verkehrsauffassung für eine Wohnnutzung geeignet ist. Es besteht damit im vorliegenden Fall ein von dem der Erschließung dienenden Raum räumlich abgetrennter Wohnbereich, wie ihn die Beklagte in ihrem Anspruchsleitfaden selbst voraussetzt.

3. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen für seine Küche.

a) Küchen werden in der für den Tagschutz maßgeblichen Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB nicht genannt. Sie können daher nur dann anspruchsberechtigt sein, wenn sie zugleich die Funktion eines Wohnraums erfüllen und damit als Wohnküche zu bewerten sind. Nur in diesem Fall ist es erforderlich, den im Tagschutzgebiet vorgesehenen Kommunikationsschutz zu gewährleisten. Ob eine Wohnküche vorliegt, ist nach zutreffender Auffassung der Beklagten im Einzelfall anhand objektivierbarer Kriterien zu bestimmen. Dabei orientiert sich die Beklagte an den in den Vollzugshinweisen der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg vom 14. September 2017 (dort S. 4) genannten Kriterien der Größe des Raumes, der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen, der Einrichtung der Küche und der Erkennbarkeit der Nutzung. Dies ist nicht zu bestanden. Es kommt daher nicht entscheidungserheblich darauf an, ob eine Küche im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete das Wohnwertmerkmal „Wohnküche“ erfüllt (vgl. dazu LG Berlin, Urteil vom 5. März 2014 - 65 S 481/12 - juris Rn. 16).

b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Küche des Klägers um eine Wohnküche.

aa) Soweit nach Auffassung der Beklagten Küchen eine Mindestfläche von 8 m² aufweisen müssen, lässt sie unberücksichtigt, dass die Berliner Bauordnung für Küchen in Wohnungen eine Mindestgröße nicht vorsieht (vgl. § 48 BauO Bln). Im Übrigen weist die Küche des Klägers unstreitig eine Grundfläche von 8,8 m² auf.

bb) Die Einrichtung der Küche sowie die Erkennbarkeit der Nutzung auch zu Wohnzwecken sprechen für die Bewertung der klägerischen Küche als schutzbedürftige Wohnküche.

Die Einrichtung der Küche besteht an den beiden Längsseiten im Wesentlichen aus Unter- und Oberschränken, einer Küchenarbeitsfläche an beiden Längsseiten des Raumes, einem Herd und einer Spüle. Im Bereich vor dem Fenster befindet sich ein kleiner Esstisch mit zwei Stühlen. Der Abstand von dem Tisch bis zur gegenüberliegenden Arbeitsfläche ist ausreichend bemessen, um eine Benutzung der Arbeitsfläche und einen gleichzeitigen Durchgang zum Esstisch zu ermöglichen.

Soweit die Beklagte den kleinen Esstisch zu den typischen Ausstattungsmerkmalen einer Küche zählt, die im weitesten Sinn der Zubereitung und dem Verzehr von Mahlzeiten dienen, kann dem nicht gefolgt werden. Eine Wohnküche liegt vielmehr bereits dann vor, wenn in der Küche sowohl nach den räumlichen Gegebenheiten als auch der tatsächlichen Einrichtung der Küche die täglichen Mahlzeiten eingenommen werden können. Dies entspricht der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2007, wonach Küchen, in denen zugleich die Mahlzeiten eingenommen werden oder die im Übrigen dem Wohnen und damit einer Mischnutzung dienen, für den in der TA Lärm geregelten Schutz vor Außenlärm den Wohnräumen gleichzustellen sind (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2/07 - BVerwGE 129, 209, juris Rn. 25).

Für die Bewertung einer Küche als Wohnnutzung spricht zudem, dass der Essplatz so beschaffen ist, dass er den Bewohnern der Wohnung nicht nur die Einnahme des Frühstücks und kleinerer (Zwischen)Mahlzeiten ermöglicht, sondern darüber hinaus die Möglichkeit bietet, einen nicht nur untergeordneten Teil der familiären Kommunikation – etwa bei Hauptmahlzeiten und dem Zusammensein außerhalb von Mahlzeiten – stattfinden zu lassen. Dies entspricht einer lebensnahen Betrachtung, wonach ein Großteil der familiären Kommunikation in dazu geeigneten Küchen während des Kochens, der Einnahme von Mahlzeiten und auch darüber hinaus geführt wird. Der Vortrag des Klägers, dass er und seine Ehefrau in der Küche sämtliche Mahlzeiten einnähmen und die Küche darüber hinaus auch für andere Beschäftigungen sowie für gemütliches Beisammensein genutzt werde, ist plausibel, zumal die Küche nach ihrer Einrichtung einen insgesamt wohnlichen Charakter aufweist. Die Nutzung als Wohnküche ist im Sinne der Vollzugshinweise der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg auch hinreichend erkennbar. Hinweise auf eine nur untergeordnete Nutzung der Küche zu Wohnzwecken finden sich nicht. Dass die Küche nach Auffassung der Beklagten kaum Bewegungsfreiraum bieten mag, spricht für sich genommen nicht gegen die Annahme einer Wohnküche, zumal für Wohnräume bauordnungsrechtlich keine Mindestgröße vorgegeben ist (vgl. § 47 Abs. 1 BauO Bln). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Wohnraum des Klägers insgesamt nicht großzügig bemessen ist.

cc) Für die Bewertung der Küche als Wohnküche spricht schließlich, dass die Beklagte in dem Parallelverfahren OVG 6 A 13.17 die Küche nachträglich als anspruchsberechtigt anerkannt hat. Diese Küche ist nur geringfügig größer und dürfte daher nicht wesentlich mehr Platz für die Nutzung als Wohnküche bieten als die Küche des Klägers.

dd) Soweit die Beklagte meint, dass es sich bei Küchen um sogenannte laute Räume handele, die von einem Schallschutzanspruch ausgeschlossen seien, ist dies nicht entscheidungserheblich. Nach der DIN 4109 (1989) zählen Küchen, in denen ausschließlich Mahlzeiten zubereitet werden, nicht zu den schutzbedürftigen Räumen. Sie werden ähnlich wie Bäder und Aborte als laute Räume eingeordnet, die selbst Geräusche durch Wasser- und Abwasserleitungen und andere Geräte verursachen (vgl. Anmerkung 1 und 2 zu Nr. 4.1 der DIN 4109 (1989); BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2/07 - BVerwGE 129, 209, juris Rn. 24). In der Küche des Klägers werden Mahlzeiten jedoch nicht nur zubereitet, sondern auch eingenommen. Im Übrigen werden nach der Auflage in Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 8 PFB lediglich gewerblich genutzte Aufenthaltsräume, in denen der logarithmisch gemittelte A-bewertete Maximalpegel durch Arbeitsgeräusche tagsüber im Rauminneren gleich groß oder größer ist als der von außen eindringende Fluglärm, von der Verpflichtung der Vorhabenträgerin zur Gewährleistung von Schallschutz ausgenommen. Darunter fallen privat genutzte Küchen in Einfamilienhäusern oder Wohnungen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.


Originaldokumente

www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Dokument MWRE180002561


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