Flughafengesellschaft von Umsetzung Schallschutzprogramm entbinden 50-115-2016-05

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Wortlaut

Flughafengesellschaft von Umsetzung

Schallschutzprogramm entbinden

Antrag im Landtag
von C.Schulze
Datum: 30. Mai 2016

Endlich gerechten Schallschutz für die Flughafen-Betroffenen realisieren – das Land muss das Heft des Handelns in die Hand nehmen – Flughafengesellschaft von der Aufgabe Umsetzung Schallschutzprogramm entbinden

Dass der Flughafenstandort Schönefeld nicht nur ein großer Fehler war, sondern geradezu diabolische Auswirkungen auf den Landeshaushalt, aber auch auf die Betroffenen hat, ist mittlerweile allen klar. Viele Verantwortliche geben zwar zu, dass der Standort falsch ist, und dass in der Vergangenheit vieles falsch gelaufen sei, meinen aber, dass man nichts tun könne – nach dem Motto „Augen zu und durch“. Im Hinblick auf den Standort selbst, die massiven Verzögerungen, die exorbitanten Mehrkosten, sollen die Verantwortlichen von SPD und Linkspartei und CDU in Berlin, Brandenburg und dem Bund sich gerne kümmern. Sie werden es vor den Bürgerinnen und Bürgern verantworten müssen.

Anders verhält es sich aber mit der Problematik des Schallschutzes. Hier geht es um das Leben und die Gesundheit von rund 40.000 direkt Betroffenen in mehr als 25.000 Haushalten rund um den Flughafen, die ein Anrecht auf Schallschutz haben. Die Landesverfassung stellt die Gesundheit der Bürger unter einen besonderen Schutz. Die Landesregierung sei insbesondere auf diesen Artikel nochmals hingewiesen. Seit dem Planfeststellungsbeschluss 2004, mit dem der Standort Schönefeld aus Sicht der Landesregierung und der regierenden Parteien zementiert ist, haben die Landesregierung und die Flughafengesellschaft und die Gesellschafter drei massive Niederlagen vor Gericht hinnehmen müssen, die den Schallschutz betreffen.

Zuerst hat das Bundesverwaltungsgericht das gesamte Schallschutzprogramm aus dem Planfeststellungsbeschluss, mit Urteil vom 16. März 2006, gekippt und kassiert. Daraufhin musste das Schallschutzprogramm im Rahmen eines Planergänzungsbeschlusses neu überarbeitet werden. In der Folge hat die Landesregierung diesen Planergänzungsbeschluss gemeinsam mit der Flughafengesellschaft selbst unterlaufen und missachtet.

Daraufhin gab es das zweite „Klatsche“-Urteil für die Landesregierung, nämlich den OVG-Beschluss von 15.06.2012 und das OVG-Urteil von 25.4.2013 zum Schallschutzniveau von 0 x 55 dbA. Auch aus diesem Urteil und dieser Niederlage hat die Landesregierung leider nichts gelernt und die Flughafengesellschaft weiter rumwursteln lassen. Dass das ganze Schallschutzprogramm ein einziger Betrug an den Bürgern ist, ist eigentlich allen Beteiligten und erst Recht allen Betroffenen klar. Selbst Abgeordnete von SPD und Linkspartei vertreten auf Bürgerveranstaltungen vor Ort diese Meinung und versprechen, sich für die Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, ohne dass allerdings wirklich etwas passiert wäre. Die Flughafengesellschaft steht unter dem Schutz und Schirm der Landesregierung und der Rot-Roten Koalition im Landtag und kann weiter tun, was sie will.

Am 03. Mai 2016 hat nun die Flughafengesellschaft und damit auch die Landesregierung die dritte Riesen-Niederlage kassiert, nämlich das OVG-Urteil zum Schallschutzprogramm im Hinblick auf die Schalldämmlüfter mit dem sie gegen ihre jahrelange bisherige Praxis dazu verurteilt wurde, vor Einbau von Lüftern zwingend immer auch ein Be- und Entlüftungskonzept erarbeiten und umsetzen zu lassen.

Antragspunkte

  1. Der Landtag Brandenburg stellt fest, dass die Flughafengesellschaft FBB GmbH offensichtlich weder Willens noch in der Lage ist, das Schallschutzprogramm entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen und den Bedürfnissen der Menschen umzusetzen.
  2. Der Landtag Brandenburg fordert die Landesregierung auf, die notwendigen politischen Initiativen zu entfalten, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und gemeinsam mit den Gesellschaftern Berlin und Bund eine Regelung zu treffen, dass die Umsetzung des Schallschutzprogramms extern, außerhalb und unabhängig von der Flughafengesellschaft umgesetzt wird. Dazu ist ebenfalls der Planfeststellungsbeschluss zu ändern.
  3. Der Landtag Brandenburg fordert die Landesregierung auf, die notwendigen politischen Initiativen zu entfalten, den Planfeststellungsbeschluss zu ändern und in der Folge eine brandenburgische Landesbehörde mit der Umsetzung des Schallschutzprogramms zu beauftragen.

Begründung

Man sagt ja, aller guten Dinge sind drei. Hier sind aller schlechten Dinge drei. Es sollte jetzt mittlerweile endlich reichen und es sollte dem Letzten klar sein, dass die Flughafengesellschaft auch aus Interessenkonflikten heraus nicht Willens und in der Lage ist, das Schallschutzprogramm so umzusetzen, wie es das Gebot der Stunde und das Gebot des Gesetzes ist.

Aus diesem Grunde ist es unverzichtbar, der Flughafengesellschaft, die sich seit nunmehr zehn Jahren als unfähig erwiesen hat, Schallschutz zu organisieren und umzusetzen, diese Aufgabe aus der Hand zu nehmen. Die verantwortlichen Politiker der Landesregierung müssen endlich die Verantwortung wahrnehmen, die ihr auch aus der Landesverfassung heraus zukommt, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger das wichtigste Gut ist und entsprechend geschützt wird. Aus diesem Grunde bleibt kein anderer Weg, als der Flughafengesellschaft diese Aufgabe zu entziehen. Die seit langem immer wieder angeführten Behauptungen, dass dies nicht ginge, sind schlicht und einfach falsch. An anderen Flughäfen sind regelmäßig Behörden zuständig, die formale Bescheide erteilen, gegen die auch ein ordentliches Widerspruchsverfahren seitens der Bürger (im Gegensatz zum Verfahren über die FBB) gegeben ist.

Entsprechende Aufgabenzuweisungen resultieren aus dem Planfeststellungsbeschluss. Natürlich kann das Land den Planfeststellungsbeschluss ändern, natürlich muss das Land sich damit Berlin und dem Bund abstimmen. Es sollte aber auch im Interesse des Landes Berlin und des Bundes sein, dass endlich Frieden in die Region einzieht und das leidige Schallschutzthema endlich ordnungsgemäß abgearbeitet wird. Aus diesem Grunde bleibt eigentlich nur der einzige Ausweg, dass der Planfeststellungsbeschluss geändert wird und das Land Brandenburg oder eine dritte unabhängige Institution mit der Umsetzung des Schallschutzprogramms beauftragt wird.

Dies hat viele, noch andere interessante Aspekte, u. a. die Tatsache, dass das Budget für das Schallschutzprogramm nun nicht mehr den Flughafen belastet, sondern an einer anderen Stelle, einer gemeinsamen Gesellschaft von Berlin, Brandenburg und dem Bund etatisiert wird. Das entlastet die Flughafengesellschaft personell und thematisch von dieser Problematik enorm. Zugegebener Maßen, die ganzen Zugeständnisse an die Flughafengesellschaft in den vergangenen Jahren, den Schallschutz derartig mies auszustatten und umzusetzen, sind sicherlich auch unter dem Aspekt getroffen worden, dass die Gesellschafter sehen, dass dem Flughafen das Geld ausgeht und dass – je weniger Geld ausgegeben wird, desto besser ist es für die Flughafengesellschaft und auch die Gesellschafter. Durch die EU Notifizierungsverfahren ist für die Zukunft auch der Weg versperrt, weitere Gelder in den Flughafen zu pumpen – insbesondere auch, was die zusätzlichen Kosten beim Schallschutzprogramm betrifft.


Redebeiträge in der Sitzung

Den genauen Redebeitrag finden Sie Protokollausszug (siehe unten)

  • Christoph Schulze (Freie Wähler):
    • Kurze Chronologie
    • 750 Millionen Euro nicht für Schallschutz ausgegeben
    • im Schnitt werden nur 7.000 Euro (anstatt 67.000 Euro nach Gutachten) bewilligt
    • Landtagsbeschluss zum Schalldämmlüfter herbeigeführt (Drucksache 5/4911)
    • Bürger bekommen vor Gericht recht
    • Interessenkonflikt der Flughafengesellschaft beim Umsetzung des Schallschutzes
    • Gesprächsangebot an Abgeordnete zum Antragstext
  • Helmut Barthel (SPD):
    • ASE Abarbeitungssquote liegt bei 94%
    • im Tagschutzgebiet nur 116 Baumaßnahme
    • fehlende Rechssicherheit
    • Veränderung im Problembewusstsein der FBB, Dank an Arbeit des Dialogforums
    • Abtretungsvereinbarung
    • FBB jetzt besser mitten in der Umsetzung - daher Antrag ablehnen
  • Rainer Genilke (CDU):
    • Umdenken durch Klageweg entstanden
    • Null Überschreitungen auch wirklich eine Null durch Gericht
    • damalig Aussage Ministerium: Eröffnung nur mit umgesetztem Schallschutz
    • Grundlage des Schallschutzes bildet ein Planfeststellungsbeschluss
    • Bearbeitungsstand der Anträge bei 95%
    • Ein Wechsel der Zuständigkeit beschleunigt daher nicht wechseln
    • Ein Wechsel könnte zu Verzögerungen bei Umsetzung führen (Schuldfrage)
    • Grund für wenige Baumaßnahmen: Menschen sind zutiefst verunsichert
    • Menschen warten wegen Rechtsunsicherheit, trotz freier Baukapazitäten
  • Christoph Schulze (Freie Wähler):
    • bis heute 30 Änderungen zum Planfeststellungsbeschluss
    • Antrag über Gesellschafterversammlung durch die FBB jederzeit möglich
    • 95% Umsetzung der ASE ist kein Schallschutz
    • Bürger nicht verunsichert, sondern die lehnen das Angebot ab
    • Menschen sind nicht einverstanden mit diesem Billigschallschutz
    • 95 % sind zum großen Teil Murks, 30 %, das sind die sogenannten ASE-E (Entschädigung)
  • Rainer Genilke (CDU):
    • Änderung des Planfeststellungsbeschlusses ist möglich, aber nicht sinnvoll
    • Schallschutz muss gesetzlichen Rahmen entsprechen
    • Verantwortung für Rahmen trägt die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde
  • MatthiasLoehr (DIE LINKE):
    • Schallschutzprogramm zunächst eher unprofessionell in Gang gekommen
    • Urteil des OVG muss nun umfassend und konsequent umgesetzt durch FBB werden
    • Es geht sehr langsam voran. Warum ?
    • Eigentümer entscheidet selbst, ob, wann und durch wen er die Schallschutzmaßnahmen realisieren lässt
    • 48 Baufirmen auf der Liste, Eigentümer muss aber auch beauftragen
    • jetzt nicht die Pferde wechseln
    • Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg hat Kontrollauftrag, den sie erfüllt
    • FBB nicht unser Feind. Sie ist ein Partner, der im Auftrag des Landes für die Bürgerinnen und Bürger tätig sein soll
    • Ihr Antrag führt ins Leere. Wir lehnen ihn ab
  • Andreas Kalbitz (AfD):
    • Der Antrag gibt die Fakten wieder
    • Gerichtsurteile und Prozesse ziehen sich über zehn Jahre hin
    • keine Umdenken bei verantwortlichen Politikern
    • BER war von Anfang an ein sehr politisches Projekt
    • Schallschutz scheint eher ein Thema für die Baufirmen
    • Realisierung des Schallschutzes gehört von Anfang an in externe Hände, spätestens jedoch mit dem OVG-Urteil von 2013
    • Antrag enthält Denkfehler, weil Projekt nicht mehr zu retten
    • Antrag führt zu Terminverschiebung, hinter der sich die FBB dann versteckt
    • Antrag sollte bei nächster Terminverschiebung neu diskutiert werden
    • AFD wird sich enthalten, stimme einer Überweisung in die Ausschüsse aber zu
  • Christoph Schulze (Freie Wähler):
    • Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende
    • 7 Milliarden einfach abschreiben ist nicht einfach
    • in Tegel wohnen auch Menschen
    • keine einfach Lösung
    • bei Inbetriebnahme müssen die Menschen geschützt sein
    • Mit dem OVG-Urteil ist alles auf null gestellt. Alle ASE, die mit Schallschutz und Schalldämmlüftern zu tun haben, müssen völlig neu überarbeitet werden
    • daher sind wir nicht bei 95% Abarbeitungsgrad
    • viele der 45 Firmen weigern sich, den Pfusch einzubauen
  • Benjamin Raschke (B90/GRÜNE):
    • an diesem Standort wird besonders viel Schallschutz benötigt
    • Antrag ist gewagter Vorschlag
    • kleinere Übel, wenn Brandenburg für den Schallschutz verantwortlich ist
    • Interessenkonflikt des Flughafens
    • Unterschied beim Schallschutznivau von 0,49 zu 0 Überschreitungen liegt bei 150 Millionen Euro
    • Gewinn- und Sparinteresse der FBB kann man nicht abstreiten
    • nach OVG-Urteil wieder alles auf null zurückgestellt
    • bisher umgesetzte Maßnahmen müssen überprüft werden
    • Deckhöhe und Wohnküchen kleiner als 10m² würden von einer Behörde anders behandelt werden
    • Gleiches gilt für Aussen- bzw. Innendämmung
    • Verkehrswertklagen
    • Schallschutzumsetzung vor Eröffnung nicht möglich
    • die Grünen bitten um Zustimmung zum Antrag
  • Frau Ministerin Schneider
    • Planfeststellungsbeschluss gilt
    • im Beschluss formulierten Verpflichtungen gelten immer für den Vorhabenträger
    • eine Übernahme durch die Behörden ist schlichtweg nicht möglich
    • die FBB ist inzwischen besser aufgestellt
    • Ein Nachtrags- und Beschwerdemanagement ist eingerichtet
    • Zielvorgabe einer Bearbeitungsfrist von zehn Tagen
    • OVG-Urteil setzt eine Planung zur Abführung der Abluft voraus
    • Fazit ist: Die FBB handelt entsprechend den Vorgaben der Behörden
  • Benjamin Raschke (B90/GRÜNE):
    • Nachfrage, warum FBB trotz Debatte bis zum Urteil mit der Umsetzung gewartet hat
    • Wieviele Lüfter müssen getauscht werden
  • Christoph Schulze (Freie Wähler):
    • Gerichte können nur nach Rechtslage entscheiden
    • an anderen Flughäfen liegt die Verantwortung für den Schallschutz bei den Behörden, Schönefeld ist die Ausnahme
    • für jedes Haus muss eine komplette Lüftungsplanung erstellt werden
  • Frau Ministerin Schneider
    • Wintergärten, Küchen, Deckenhöhen, Dämmung, Lüfter all das ist ein Bestandteil dieser Schallschutzmatrix
    • Lüftungsthema wurde zurückgestellt, weil das Gericht ein eigenes Gutachten beauftragt hatte
    • Es geht eben nicht um das umfassende Lüftungskonzept - das ist nicht erforderlich, zu prüfen, ob, wenn der Lüfter Luft hereinbringt, einen Luftaustausch möglicht ist

Zusatzantrag in der Sitzung

  1. Antrag der Freien Wähler: Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung und den Sonderausschuss BER

Abstimmungsergebnis

  1. Überweisung an Ausschuß: mehrheitlich abgelehnt
  1. Antragspunkte 1-3: mehrheitlich abgelehnt

Originaldokumente

Drucksache 6/4256 Antrag

Protokollauszug 6/30-019

Plenarprotokoll 6/30

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